Im Rahmen der Diskussion um eine erfolgreiche Bewältigung der Digitalisierung und des demographischen Wandels rücken immer wieder Forderungen nach agilen Organisationsstrukturen in den Mittelpunkt. „Agilere Strukturen bedeuten zum einen mehr Freiraum und Motivation, aber gleichzeitig auch mehr Eigenverantwortung für den Einzelnen: Planung, Organisation, Verantwortung, Eigenmotivation, Zielsetzungen. Was früher Führungsthema war, wird heute auch Fachkräften abverlangt: Selbstmanagement.“, schreibt Hansjörg Fetzer von der Haufe Akademie. „Der damit verbundene Anforderungs- und Veränderungsdruck löst bei vielen Mitarbeitern Stress aus.“
Ist das verwunderlich? Agilität unterstellt , dass jeder Mitarbeiter eigenverantwortlich arbeiten möchte. Das darf bezweifelt werden. Hätten dann nicht viele Arbeitskräfte eine derartige Tätigkeit/Position schon früher angestrebt?
Der Zukunftsforscher Alvin Toffler schrieb schon 1970: “ „Das Ansteigen des Akademikertums bewirkt, daß moderne Großorganisationen stark mit Menschen infiltriert werden, die gänzlich andere Vorstellungen vom Sinn und Zweck einer Organisation haben“ (Der Zukunftsschock. Bern 1970. S. 118).
Der Pfeiler des wirtschaftlichen Erfolgs in Deutschland sind Nichtakademiker. Die bisherige Ausbildung vieler Nichtakademiker war gar nicht auf Selbstmanagement und Selbständigkeit ausgelegt. Frei sein wie ein Vogel ist keineswegs so deutlich verankert wie in akademischen Köpfen. Es droht eine Überforderung der Mitarbeiter.
Sind gewerbliche Fachkräften weniger Wert?
„Viele Werksleiter investieren zwar viel Geld und Zeit in die Auswahl von Ingenieuren, bei der Auswahl von gewerblichen Fachkräften sind sie manchmal nachlässig“, kritisiert Ariane Reinhart, Personalvorstand bei Continental im Personalmagazin. Doch nicht nur beim Recruiting wird weniger investiert. Auch bei der Stellschraube Weiterbildung fließt ein geringerer Teil des Geldes in diesen Bereich. Ein Fehler, denn als modernes, wettbewerbsfähiges und innovatives Unternehmen sind alle Mitarbeiter nötig.
Wer Mitarbeitermotivation möchte muss Sinn stiften. Dieser Grundsatz darf aber nicht nur für einzelne Führungskräfte im Unternehmen gelten. In der DNA des Betriebs ist dieser Ansatz ebenso zu verankern wie die Einbindung aller Mitarbeiter in den Betriebsablauf.
Eine sinnorientierte und vertrauensvolle Unternehmenskultur ist die Klammer zwischen Akademikern und Nichtakademikern. Sie führt auf der einen Seite zu steigender schöpferischer Produktivität. Auf der anderen Seite entwickelt sich eine attraktive Arbeitgebermarke.
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