Fünf Fragen an Robert Hanser, Geschäftsführer der Bosch Management Support GmbH
Was sind die so genannten Bosch-Seniorexperten?
Hanser: „Unsere Seniorexperten sind ehemalige Bosch-Mitarbeiter, die bereits im Ruhestand sind und zeitlich befristet Beratungs- oder Projektaufgaben übernehmen. Dabei handelt es sich um Fach- und Führungskräfte, die teilweise bis zu 40 Jahre Bosch-Erfahrung mitbringen.
Insgesamt gehören derzeit etwa 1 600 Pensionäre unserem Expertenpool an und vereinen ein Wissen, das rund 40 000 Jahren Berufserfahrung entspricht. Sie bringen zum Beispiel spezielles Expertenwissen ein oder decken vorübergehende Kapazitätsengpässe ab. Dieser wertvolle Expertenpool ist in unserer Beratungsgesellschaft Bosch Management Support GmbH gebündelt. Die vermittelt unsere Seniorexperten innerhalb des Konzerns.“
Welche Zielsetzung hat das Seniorexperten-Modell?
Hanser: „Bosch hatte bereits früh erkannt, über welches Potenzial seine pensionierten Mitarbeiter verfügen. Für Bosch – als ein von Innovationskraft geprägtes Unternehmen – haben das Know-how sowie die Lebens- und Berufserfahrung seiner hochqualifizierten Mitarbeiter einen unschätzbaren Wert. 1999 wurde unsere Beratungsgesellschaft daher mit dem Ziel gegründet, das über Jahrzehnte bei Bosch erworbene Wissen nicht einfach zu verlieren, sondern fürs Unternehmen zu erhalten. Gleichzeitig sollten jüngere Mitarbeiter die Möglichkeit erhalten, von den älteren und erfahrenen Ruheständlern zu lernen. Insbesondere im technischen Bereich gibt es viel Spezialwissen, etwa beim Aufbau einer Fertigungslinie, das sie auf dem externen Beratermarkt selten finden.“
Welche Vorteile ergeben sich für Bosch – und die Seniorexperten?
Hanser: „Unsere Seniorexperten, vom Meister bis zum Manager, verfügen über spezifisches Fachwissen, breite Kenntnis der Unternehmensstruktur und sind mit der Bosch-Kultur sehr vertraut. Dadurch sind sie im Vergleich zu einem externen Berater schneller in der Materie, brauchen weniger Einarbeitungszeit und können auf ein bestehendes Netzwerk bei Bosch aufbauen. In der Zusammenarbeit mit jüngeren Kollegen ergibt sich oft eine besondere Dynamik, weil der Rat eines erfahrenen Kollegen in der Regel doch leichter angenommen wird, als der eines externen Beraters. Da die Seniorexperten zudem keine Karriere- oder Vertriebsziele verfolgen, können sie sich auf das eigentliche Problem und dessen Lösung konzentrieren. Die Seniorexperten erfahren hingegen eine besondere Wertschätzung ihres Know-hows, halten sich fachlich auf aktuellem Stand und verdienen noch etwas hinzu. Insbesondere in Deutschland sehen es viele unserer Experten zudem als Möglichkeit, den Übergang in den Ruhestand schrittweise anzugehen und nicht völlig aus dem Berufsalltag aussteigen zu müssen.“
Wie sind die Erfahrungen mit dem Seniorexperten-Modell?
Hanser: „Seit der Gründung vor 15 Jahren steigt die Nachfrage nach Seniorexperten in der Bosch-Gruppe. Das Modell hat sich erfolgreich etabliert, auch international. Das Wissen der Seniorexperten ist weltweit gefragt – viele unserer Experten sind also im Ausland im Einsatz, gerade auch in Wachstumsmärkten. Mehr als die Hälfte der Beratungsaufträge verteilen sich schon auf unsere Regionalorganisationen in Japan, Indien oder den USA. Unser Seniorexperten-Modell hat deshalb in den letzten Jahren viel Anerkennung erhalten. Unternehmen aus Branchen wie Automobilindustrie, Versandhandel, Telekommunikation oder auch Luftfahrt haben den Austausch gesucht und sich Anregungen geholt. Unser Know-how geben wir gern weiter, weil wir überzeugt sind, dass gerade in Europa vielerorts der demografische Wandel neuartige Beschäftigungskonzepte erfordert.“
Was macht das Modell so erfolgreich?
Hanser: „Entscheidend ist unsere werteorientierte Unternehmenskultur, die Lebens- und Berufserfahrung im besonderen Maße anerkennt. Darüber hinaus verstehen wir altersgemischte Teams als Teil unserer weltweiten Diversity-Strategie, die unsere Innovationkraft stärkt. Diese Einstellung ist für einen nachhaltigen Erfolg des Modells unabdingbar. Ebenso ist es wichtig, dass die Seniorexperten einen echten Leistungsbeitrag erbringen. Sie sollen aufgrund ihrer Fähigkeiten beauftragt werden und nicht, um ihnen ein Freizeitprogramm zu bieten. Unsere Seniorexperten wollen ihr Geld wert sein und stehen im Wettbewerb zu anderen Dienstleistern. Das spornt viele Seniorexperten besonders an – sie wollen von ihrem Kunden eine bessere Bewertung erzielen als externe Berater.“
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